Im Jahr 2018 sind Crossmedia und Multimedia als Erfolgsrezepte bekannt und fest etabliert, um eine größere Anzahl von Zielgruppen zu erreichen. Zeitungen, Fernsehsender und Unternehmen stellen sich medial breit auf und nutzen eine Vielzahl von Kanälen, um möglichst viele Adressaten zu erreichen. Trotz mancher Hype-Diagnosen aber gerät der Podcast heute noch oft in Vergessenheit. Eine Geheimzutat?
Crossmedia
Beim Crossmedialen Publizieren (ein Begriff mit einer Vielzahl von Definitionen, vgl. “Crossmedia” bei Wikipedia) werden unterschiedliche Kommunikationskanäle – z.B. Werbeposter an U-Bahnhaltestellen, Fernsehwerbung, Facebook, Instagram, Pinterest, Twitter und YouTube – genutzt, um Content flächendeckend zu verbreiten und dabei auf den eigenen Hauptkanal (z.B. die eigene Webseite) rückzuverweisen.
Jede große Printzeitung und jedes große Unternehmen ist heute auf verschiedenen Internetplattformen vertreten. In den Anfängen genügte eine eigene Webseite vielleicht. Doch heute gilt es, sich im Internet gegen eine Vielzahl von Publikationen zu behaupten und den User für sich zu gewinnen, indem neben interessantem Inhalt die Gestaltung des Contents den neuen Lese- und Nutzerverhalten entgegenkommt.
Vom Hashtag zum Bild
Für die rückverweisenden Kanäle gilt folglich, dass die Online-Redaktionen sich der jeweiligen Plattform angemessen präsentieren müssen. Wenn die Online-Redaktion @faznet der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ bei Twitter auf Nachrichten der FAZ-Hauptseite verlinkt, nutzt sie im Teaser auch twitterübliche Hashtags, also zum Beispiel #Brexit oder #Diesel.
Der eher auf Bildsprache ausgerichtete Dienst Instagram macht das Rückverlinken nicht einfach, da lediglich ein einziger Link in der Profil-Biografie gesetzt werden kann. Bleiben wir beim Beispiel der Online-Zeitung, wird es knifflig für die Redaktion. Mit einem aussagekräftigen Bild wird zwar Interesse beim Instagram-User geweckt, doch wie bekomme ich ihn zielgerichtet auf die eigene Webseite, wenn ich unter dem Bild keinen Link einbetten kann?
Der Lohn der Mehrarbeit
Am Beispiel von “Zeit Online” können wir sehen, dass das Befüllen des Instagram-Kanals zunächst einen zusätzlichen Aufwand erfordert. Neben dem Einstellen von ansprechenden Bildern samt Teaser wird extra für Instagram-Nutzer eine Unterseite auf Zeit-Online erstellt. Diese wird über den Link im „Zeit Online“-Profil erreicht. Doch lohnt dieser Mehraufwand?
Lassen wir Zahlen sprechen: „Zeit Online“ hat bei Instagram 54.071 (Stand 30.01.2018, 16:45) Abonnenten. Vergleichen wir diese Zahl mit den rund 2 Millionen Twitter-Abonnenten der gleichen Online-Zeitung, stellt sich nochmals die Frage: Lohnt sich die Extra-Arbeit, um die vergleichweise wenigen Instagram-User zu erreichen?
Glaubt man an die Crossmedia-Strategie, muss die Antwort „Ja“ heißen. Es geht ja darum, unsere Adressaten überall abzuholen und auf unseren Hauptkanal zu verweisen. Und: Will man auf die 54.071 Abonennten verzichten?
Zudem ist nicht vorherzusehen, wie sich die Plattformen entwickeln. Einen Trend zu verschlafen könnte gefährlich sein. Weshalb anderen das Feld „Instagram“ überlassen, damit diese vielleicht in einem Jahr mit einer großen Leserschar bei einer stetig größer gewordenen Plattform „Instagram“ eine Monopolstellung aufbauen, die durch das eigene Profil nicht mehr so leicht aufzubrechen ist?
Von Crossmedia zu Multimedia
Die bisherigen Beispiele bringen uns auf eine weitere Fährte: Crossmedia heißt nicht nur, dass verschiedene Kanäle genutzt werden. In der Praxis bedeutet das auch, dass unterschiedliche Darstellungsformen die Hauptrolle im Transport des Inhalts übernehmen. Bei der Online-Zeitung ist es der Text, auf YouTube ist es das Video, bei Instagram das Bild.
Sicherlich, das Bild spielt auch schon in der Printpublikation eine äußerst wichtige Rolle. Wie aber sieht es mit Videos und Tonaufnahmen aus? Heute binden regionale Zeitungen in ihre Online-Ausgabe neben Bildern auch Videos ein und gestalten derart ihre eigene Webseite multimedial – sie nutzen im eigenen Hauptkanal verschiedene Medien zum Wiedergeben des Contents. Auf dem Papier war das in dieser Form nicht möglich. In früheren Zeiten blieben Videos dem Kino und Fernsehen vorbehalten.
Vorzüge bei Nutzung verschiedener Medien
Das neue Nutzerverhalten im Internet fördert eine Entwicklung, die Texte auflockert und (bewegte) Bilder fordert. D.h. kurze Absätze und Zwischenüberschriften in kürzeren Intervallen bestimmen das Textbild. Ergänzt bzw. manchmal sogar zur Seite gedrängt wird der Text von Bildern, Tonaufnahmen und Videos. Gut geschriebene Texte können durch zusätzliche Bilder noch mehr Wirkung entfalten, im Video geschilderte Augenzeugenberichte wirken authentisch, Hintergrundmusik kann helfen eine bestimmte Stimmung zu erzeugen. Multimedialität ist bereichernd und en vogue.
User haben unterschiedliche Konsumpräferenzen oder sie haben trotz des Mobile Webs nicht immer die Möglichkeit, ein bestimmtes Medium zu nutzen. Beim Autofahren bieten sich Videos und Texte weniger an, Tonaufnahmen (Radio, Hörspiel, Podcast) jedoch können konsumiert werden. Im Theaterfoyer stehend ist der Text (Webseite, Info-SMS) wohl die beste Möglichkeit knapp und lautlos nachzuprüfen, ob der Lieblingsverein gerade in Führung gegangen ist. Im ICE oder zu Hause mit einer guten WLAN-Verbindung ist das alle Sinne ansprechende Video eine gute Wahl.
Die Podcast-Renaissance
Zwar finden sich in Online-Publikationen vereinzelt auch Tonaufnahmen wie Hintergrundmusik oder gesprochene Interviews oder Journalistenkommentare, doch scheint außerhalb des musikalischen Bereichs das Audioformat in Crossmedia und Multimedia-Strategien etwas vernachlässigt.
Ganz so düster wie vor wenigen Jahren sieht es aber nicht mehr aus. Spätestens seit 2017 erleben wir eine „Renaissance“ des Podcasts in Deutschland. Im August 2016 meldete bitkom.com in einer Presseinformation, dass in Deutschland immer mehr Menschen Podcasts zumindest gelegentlich hören – in einer Umfrage gaben dies immerhin 14 Prozent der Befragten an. In den USA hingegen sei der Podcast schon ein „Massenphänomen“, heißt es dort.
Ein halbes Jahr darauf zitiert die Süddeutsche Zeitung „direkt aus dem dpa-Newskanal“ mit folgender Überschrift: „Podcasts erobern deutsche Smartphones“. Noch ist zwar nicht die Rede vom Massenphänomen, doch eine “Renaissance” des immerhin schon rund 10 Jahre alten Podcasts wird durchaus gesehen.
Endlich bemerken auch die Verlage, das sich hier ein neuer Trend entwickelt. Folgerichtig kündigt „Zeit Online“ am 12. September 2017 eigene Podcast-Reihen zu den Themenfeldern Nachrichten, Arbeit und Sex mit den Worten an: „Manchmal brauchen wir etwas länger. Podcasts gibt es seit mehr als einem Jahrzehnt […]“. Auch in dieser Ankündigung wird von der „Audio-Renaissance“ gesprochen.
Podcast – Eine Geheimzutat?
Eine Crossmedia- und Multimedia-Geheimzutat ist der Podcast wohl also nicht mehr. Doch der sinnvolle Einsatz dieser wiederentdeckten Zutat wird noch erprobt und uns daher in einem Folgebeitrag hier im Blog beschäftigen.
Der Beitrag Crossmedia und der Podcast erschien zuerst auf Materna newmedia BLOG.